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Robert Merle "Der Tod ist mein Beruf"

Beitragvon Tigo » 4. August 2007, 09:59

Tigo schrieb am 14.11.2004 17:09 Uhr:
Klappentext:

Psychostudie eines Massenmörders von der Kindheit bis zur Hinrichtung, die des Lagerkommandanten von Auschwitz. Nicht Bosheit oder angeborene Brutalität brachten ihn dazu, täglich unschuldige Menschen zu Tausenden zu vernichten, sondern ein ungeheuerliches Bewusstsein von Ehre, Gründlichkeit und Gehorsam gegenüber einem Staat und seinen Führern.

"Dieses Buch war sehr schwer zu schreiben. Als ich nach dem Nürnberger
Prozess davon hörte, dass Rudolf Höß im Gefängnis Notizen gemacht habe, bewarb ich mich darum, sie lesen zu können. Ich durfte sie in einem
speziellen Raum einsehen und brauchte ein Jahr dafür. Es war ein
schreckliches Jahr. Doch das Schlimmste an der Arbeit war, diesen Roman in der ersten Person Singular zu schreiben, womit ich eine größere
Authentizität erreichen wollte." Robert Merle

Meine Meinung:

Ein Buch, das seinem Leser sehr viel abverlangt. Selbst hartgesottene
Krimi-/Thrillerleser werden hier eine neue Kategorie an menschlicher
Perversion erfahren. Die Wirklichkeit des Dritten Reiches. In einem bigotten Elternhaus zu blindem Gehorsam erzogen, als sechszehnjähriger Junge bereits als Dragoner mit drei Verwundungen und Malaria aus dem Krieg heimgekehrt, im zivilen Leben ohne Chance und Perspektive, findet er endlich bei den Nationalsozialisten einen neuen Lebenssinn.

Emotionslos berichtet der Erzähler von seinen unvorstellbar grausamen Taten, die er selbst nicht in Ansätzen hinterfragt, denn letztlich hat er gelernt, dass ein Befehl auszuführen ist, nicht hinterfragt werden darf. In den Prozessen später beschreibt er seine Aufgabe in Auschwitz als "unangenehm", und sagt "Ich konnte mir nicht gestatten, gerührt zu sein. Ich hatte Befehle."

Ein Buch, das uns zeigt, wozu Menschen fähig sind, die zum blinden
Befehlsempfänger mutieren. Unfassbar, grauenhaft, und doch das Lesen mehr als wert.
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Re: Robert Merle "Der Tod ist mein Beruf"

Beitragvon Donna » 4. August 2007, 10:00

Donna schrieb am 07.08.2005 12:35 Uhr:
Absolut lesenswert. Allerdings nur in Etappen, mit einigen Pausen dazwischen, genießbar.
Donna
 

Re: Robert Merle "Der Tod ist mein Beruf"

Beitragvon Tigo » 4. August 2007, 10:01

Tigo schrieb am 08.08.2005 16:55 Uhr:
Ich denke, es schadet uns nichts, wenn wir verstehen wollen (nicht zwingend können), wie solche Menschen gedacht haben. Die Grausamkeit an sich wird sich uns selbst beim Lesen kaum erschließen, aber ich versuche doch immer irgendwie, das Denken derer in Ansätzen verstehen zu wollen, die zu sowas fähig waren.

Das Buch ermöglicht einem zumindest ein bisschen die Denke aus dieser Zeit generell nachvollziehen zu können. Die Perspektivlosigkeit derer, die mit viel Drill erzogen wurden, im 1. WK dabei waren, als Zivilisten keine Chancen sahen/hatten, und dann bei den Nazis endlich wieder das "Zugehörigkeitsempfinden" hatten.

Schwierige Lektüre bleibt's, keine Frage. Ich hatte ganz ehrlich an 2-3 Stellen wirklichen Brechreiz. Weil er so grausame Momente so emotionslos "wissenschaftlich" betrachtet, die Menschen gar keine realen Wesen für ihn sind, sondern "Einheiten".
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Re: Robert Merle "Der Tod ist mein Beruf"

Beitragvon Camille » 4. August 2007, 10:02

camille schrieb am 15.08.2006 08:31 Uhr:
Ich hab's jetzt gelesen.

Teilweise unerträglich sind diese emotionslosen Schilderungen.
Der blinde Gehorsam und die fanatische Überzeugung, dass der Führer in allen Entscheidungen Recht hat.
Gleichzeitig aber das vorhandene Unrechtsbewusstsein: Seine Frau soll nicht wissen, was letztlich mit den Insassen geschieht.

Den Holocaust muss ich - jedesmal wenn ich mich in Form eines Buches oder einer Dokumentation damit auseinandersetze - immer wieder neu erleben, das Entsetzen ist immer wieder das gleiche. Als ob mein Bewusstsein gnädig eine dicke Decke darüber ausbreitet. Bis zum nächsten Mal.
Ich weiß nicht, bis zu welchem Grad ich das überhaupt realisiere.

(Was in den zahlreichen Kriegen der letzten Jahre so geschehen ist, verdrängt man ja auch immer wieder mehr oder weniger erfolgreich.
So geht's zumindest mir.)

Natürlich ist das Buch lesenswert. Und verstörend.
Camille
 

Re: Robert Merle "Der Tod ist mein Beruf"

Beitragvon Nina » 4. August 2007, 10:02

Nina-81 schrieb am 15.08.2006 10:35 Uhr:
Das Buch habe ich gelesen, da war ich so 13-14 Jahre alt. Es hat mich so geschockt, wie gefühlskalt Merle diese unfassbaren Dinge beschrieben hat, dass ich es bis heute nicht mehr aufschlagen kann.
Viele Grüße von Nina!
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Re: Robert Merle "Der Tod ist mein Beruf"

Beitragvon Tigo » 4. August 2007, 10:07

Tigo schrieb am 15.08.2006 19:56 Uhr:
Auch interessant, sein Geständnis:

http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_H%C3%B6%C3%9F
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