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Barack Obama - Audacity of hope/Hoffnung wagen

Beitragvon Tigo » 6. Dezember 2008, 09:41

Ich habe mir das Buch vorsätzlich in Englisch gekauft, weil ich die originale Ausdrucksweise lesen wollte. Und ich bin nicht enttäuscht worden. :) Deswegen hat es mich jetzt aber auch etwas mehr als vier Wochen gekostet, mich durchzuackern. So lange habe ich zuletzt in der Grundschule für ein Buch gebraucht. :lol:

Was immer ich auch erwartet hatte - ich bin mehr als angenehm überrascht worden. Das Buch liest sich flüssig, ist in einem sehr angenehmen Stil verfasst, mit Wortwitz und feiner Ironie gespickt. Dass man Politik so entspannt beschreiben kann, hat mich sehr überrascht!

Das Buch ist unterteilt in 9 Kapiteln, in denen er sich zu Themen wie Republikaner & Demokraten, Werte, Verfassung, Politik bis hin zu "The world beyond our borders" (das für mich interessanteste Kapitel!) und Familie äußert. Für uns Europäer sicherlich auch ein guter Einblick in das amerikanische System, die Geschichte und die Wertvorstellungen; sehr lehrreich.

Er beschreibt viele Dinge aus seinem Lebens- und Berufsalltag, würzt es mit einigen persönlichen Erlebnissen und Anekdoten. Mir hat sehr gut gefallen, dass er auch von seinen eigenen Zweifeln und Niederlagen berichtet, überhaupt m. E. nach sehr viel von sich persönlich preisgibt und sich eher als der völlig normale Typ aus der Mittelschicht gibt, denn als kleiner Superman, der alle Lösungen aus dem Ärmel schüttelt. Sehr angenehm.

Ich habe beim Lesen oftmals wild zustimmend genickt, ich habe viel gelacht, ich habe verstehen können, warum die Amerikaner ihn gewählt haben. Er geht auch mit seiner eigenen Partei recht hart ins Gericht, so dass mich eher gewundert hat, warum er dort wirklich noch einen Fuß auf den Boden gekriegt hat. :lol:

Zitat aus der englischen Fassung, erstes Kapitel:
Mainly, though, the Democratic Party has become the party of reaction. ... We lose elections and hope for the courts to foil Republican plans. We lose the courts and wait for a White House scandal.


Am meisten amüsiert hat mich eine Passage aus dem Kapitel "Familie". Er ist in Washington im Senat, und hat einen aufregenden Tag hinter sich, Thema Waffen und deren Lagerung/Entsorgung, die noch aus Zeiten des Kalten Krieges über sind, ruft seine Frau nun an, um ihr davon zu berichten.

Michelle cut me off.
"We have ants."
"Huh?"
"I found ants in the kitchen. And in the bathroom upstairs."
"Okay ..."
"I need you to buy some ant traps on your way home tomorrow. I'd get them myself, but I've got to take the girls to their doctor's appointment after school. Can you do that for me?"
"Right. Ant traps."
"Ant traps. Don't forget, okay, honey? And buy more than one. Listen, I need to go into a meeting. Love you."
I hung up the receiver, wondering if Ted Kennedy or John McCain bought ant traps on the way home from work.


:oma:

Sehr interessant für mich war das Kapitel "The world beyond our borders", das sich auch mit dem Thema "Amerika als Welt-Sheriff" sowie mit seinen Eindrücken und seiner Meinung zum Irak-Krieg auseinandersetzt. Zu der Zeit des Kalten Krieges und der amerikanischen Anti-Kommunismus-Bewegung schreibt er

The very ideals that we had promised to export overseas were being betrayed at home.


Insgesamt ein sehr unterhaltsames und informatives Buch, das man gut lesen und vielleicht ein wenig von dem verstehen kann, wo er gern hin möchte, wie er die Dinge und die Welt sieht. Man kommt nicht umhin darüber nachzudenken, ob er all das so geschrieben hätte, hätte er gewusst, dass er eines Tages Präsident würde, und gewiss auch daran gemessen wird, was er darin als möglichen Weg zu einem besseren Leben in Amerika beschrieben hat. Sein feiner Sarkasmus macht das Buch für den Leser amüsant, ohne jemals ins lächerliche abzugleiten.

Als ich geboren wurde, waren die Amerikaner und die Briten noch in der Nähe stationiert, ihre Anwesenheit war für mich immer selbstverständlich. Und ich wuchs in dem "Wissen" auf, dass die Amerikaner gut sind, Freunde, Beschützer, Helfer in der Not. In den Bush-Jahren hat sich diese "erlebte" Grundeinstellung bei mir total verändert, sich wie bei vielen in eine Antihaltung gegenüber der Regierung und dem Land verwandelt. In dem Wissen, dass Obama nun gewählter Präsident ist, hat sich auch bei mir beim Lesen wieder Hoffnung breit gemacht, dass Amerika zurück in die internationale Gemeinschaft findet, und sich nicht weiter durch das Ignorieren von Regeln selbst isoliert. Ich gehe nicht mit all seinen Ideen und Vorstellungen konform, aber wenn man die Grundlinie rausfiltert, bleibt Menschlichkeit als oberstes Gebot stehen. Und das ist mehr, als ich in den letzten 8 Jahren von einer amerikanischen Regierung zu hören und sehen bekommen habe. Man möchte ihm viel Glück wünschen. :)

Die deutsche Fassung scheint auch sehr gut übersetzt zu sein, das Vorwort zum Reinschnuppern gibt es hier --> http://anon.amazon-de.speedera.net/anon ... ffnung.pdf

Ich kann das Buch von Herzen empfehlen! :)
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Re: Barack Obama - Audacity of hope/Hoffnung wagen

Beitragvon andrea1 » 6. Dezember 2008, 12:28

Das Vorwort liest sich interessant und recht flüssig - vielleicht werde ich mir das Buch auch mal besorgen. Vielen Dank für den Tipp.
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Re: Barack Obama - Audacity of hope/Hoffnung wagen

Beitragvon Tigo » 6. Dezember 2008, 12:46

Was ich vom Vorwort sagen kann, ist die Übersetzung wirklich prima gelungen und fängt seinen Stil gut ein. Ist ja leider nicht selbstverständlich. :)
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Re: Barack Obama - Audacity of hope/Hoffnung wagen

Beitragvon nele » 6. Dezember 2008, 15:19

Tigo hat geschrieben:Was ich vom Vorwort sagen kann, ist die Übersetzung wirklich prima gelungen und fängt seinen Stil gut ein. Ist ja leider nicht selbstverständlich. :)


tja, der Verlag bürgt eben für Qualität :]
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Re: Barack Obama - Audacity of hope/Hoffnung wagen

Beitragvon Tigo » 6. Dezember 2008, 16:04

:oma: Ich gucke neuerdings in jedes Buch, von welchem Verlag es kommt! :rofl:
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